
Westliche Medien und Politik kritisieren Moskau wegen
eines neuen Gesetzes, das die Propaganda sexueller
Minderheiten unter Strafe stellt. ZUERST! sprach darüber
exklusiv mit dem russischen Politologen Valery Korovin
Kulturkampf
in Rußland
Valery Korovin, geboren 1977 in Peking,
ist stellvertretender Leiter des „Zentrums
für konservative Studien“ in Moskau.
Korovin wuchs in Wladiwostok auf und
studierte nach der Hochschulreife in
Moskau Politikwissenschaften.
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Am 24. Januar 2013 wurde ein Gesetz,
das die öffentliche Propaganda von
Homosexualität, Bisexualität und
Pädophilie im Königsberger Gebiet
(Oblast Kaliningrad) nicht nur unter
Minderjährigen, sondern unter der
ganzen Bevölkerung verbietet, verabschiedet.
Das nördliche Ostpreußen
wurde damit zur ersten Region, die das
Verbot der „homo sexuellen Propaganda“
auf die ganze Bevölkerung
ausgedehnt hat. Ein ähnlicher Gesetzentwurf
für das gesamte Land wurde
bereits in der Staatsduma vorgelegt.
Ende Januar 2013 nahm die Duma das
Gesetz in erster Lesung an, wobei
388 Abgeordnete im 450 Sitze zählenden
Parlament dafür stimmten. Laut
dem Gesetz gegen die „Schwulenpropaganda“
können öffentliche
Demonstrationen mit Plakaten, die zum
Beispiel die Aufschrift „Schwul sein ist
normal“ tragen, bestraft werden.
„In der russischen Gesellschaft
gelten Anstand, Höfl ichkeit und
Bescheidenheit als wichtige
Tugenden.“
Herr Korovin, um Kinder zu schützen,
soll öffentlich Werbung für Homo-, Biund
Transsexualität (LGBT) in Rußland
verboten werden. Die Staatsduma hat ein
entsprechendes Gesetz in erster Lesung
angenommen. War dieses Gesetz nötig?
Korovin: Ein solches Gesetz ist dringend
nötig – und das nicht nur in Rußland!
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Gegner des Gesetzes behaupten, es sei
schon deshalb nicht nötig, weil diese sogenannte
LGBT-Gemeinde in Rußland
so klein sei…
Korovin: Die LGBT-Gemeinde in Rußland
mag zwar klein sein, doch sie ist in
ihrer Außendarstellung außerordentlich
aggressiv. Sie betreibt Propaganda
für ihre Neigungen und versucht, die
Bürger geradezu zu „missionieren“. Soziologisch
betrachtet mag die eigentliche
Gruppe sehr klein sein, aber sie
besetzt und mißbraucht Begriffe wie
„Freiheit“ und „Menschenrechte“ für
ihr Anliegen und drängt ihre Umdeutung
der Mehrheit der Bevölkerung
auf.
Auch der Westen kritisiert das Gesetz,
weil es angeblich gegen die Menschenrechte
verstoße…
Korovin: Beim Begriff der „Menschenrechte“
sollten wir genauer hinsehen.
Diese Rechte fußen immer auch auf der
sozialen Ordnung, der Tradition und
der Entwicklung einer Gesellschaft. Es
mag ja sein, daß die westlichen Gesellschaften
sich in eine Richtung entwikkelt
haben, in der die LGBT-Lobby einen
anderen Status hat. In Rußland haben
wir uns aber ganz anders entwikkelt.
Unsere Gesellschaft fußt auf Werten
wie Moral, Konservativismus und
dem Gefühl einer kollektiven Verantwortung.
Das ist mit dem westlichen
Verständnis von Individualismus nicht
kompatibel. Im Westen steht beispielsweise
auch das Privateigentum über
dem öffentlichen Interesse, in die westlichen
Gesellschaften hat die Dekadenz
Einzug gehalten, die für den moralischen
und ethischen Niedergang verantwortlich
ist.
Das neue Gesetz soll beispielsweise keine
homosexuellen Lebenspartnerschaften
verbieten, sondern lediglich deren
Propagierung…
Korovin: Richtig, es geht um die Propaganda
dieser Gruppe, die vor allem
auch auf Kinder abzielt. Die Randgruppe
der sexuellen Minderheiten versucht auf
aggressive Art und Weise zu erreichen,
daß man ihre Anliegen an erkennt. Die
junge Generation ist dieser Pro paganda
ausgesetzt. Das Ziel der Pro paganda ist,
daß die jungen Russen die Lebensweise
der LGBT-Lobby als „normal“ empfi ndet.
Aber in Rußland wird das nun einmal
nicht als normal angesehen.
Im Westen gelten die Begriffe „normal“
und „abnormal“ im Zusammenhang
mit sexueller Orientierung bereits als
diskriminierend.
Korovin: Das mag sein, aber in Rußland
ist das völlig klar: Die große Mehrheit
der russischen Bevölkerung sieht das
nicht als normal an. „Normales Benehmen“
ist geradezu das Gegenteil vom
Verhalten der LGBT-Lobby.
Was ist in Rußland normal?
Korovin: In der russischen Gesellschaft
gelten Anstand, Höfl ichkeit und Bescheidenheit
als wichtige Tugenden. Die
übergroße Mehrheit der Russen empfi
ndet Respekt und Sympathie für diese
Tugenden. Vor allem die Äußerungsformen
der LGBT-Lobby werden daher als
„pervers“ empfunden. Perversion in
diesem Zusammenhang bedeutet, daß
diese Gruppe die normalen gesellschaftlichen
Strukturen attackiert. Für den
Westen mag es inzwischen ja normal
sein, daß dort der Individualismus die
Spitze seiner Entwicklung erreicht hat.
Das Individuum wird dort nun zum
„Dividuum“, man kann sein Geschlecht
ändern. Phänomene treten auf, die an
Mutanten, Klone oder Cyborgs erinnern.
Das ist Postmoderne am Limit!
Und in Rußland ist das anders?
Korovin: In Rußland kann man das Gegenteil
einer solchen Entwicklung beobachten.
Die Mehrheit der Russen ist
konservativ, dementsprechend zersetzt
sich die russische Gesellschaft nicht so
schnell wie die westlichen Gesellschaften.
Das öffentliche Auftreten der
LGBT-Gemeinde entspricht überhaupt
nicht den Normen in Rußland. Das Gesetz,
das die öffentliche Betätigung der
LGBT-Lobby verbietet, ist in diesem
Zusammenhang eine geradezu milde
Maßnahme. Denn es geht lediglich gegen
die Propaganda, nicht aber gegen
die LGBT-Gemeinde an sich vor. In der
Vergangenheit war das durchaus anders.
Ganz früher wurden solche Gruppen,
die sich außerhalb des Gesellschaftsvertrages
stellen, verfolgt und gar
getötet. Zu Zeiten der Sowjetunion verfolgte
man sie strafrechtlich und sperrte
sie ein. Das neue Gesetz dagegen ist
human, und es ist ein Ausdruck der
Haltung der rus sischen Mehrheitsgesellschaft.
Und – das sollte man nicht
vergessen – dieses Gesetz schützt die
LGBT-Aktivisten.
Wie meinen Sie das?
Korovin: Bei öffentlichen Kundgebungen
der LGBT-Lobby kam es immer
wieder zu Übergriffen auf die Teilnehmer.
Viele Russen fühlten sich provoziert.
Das neue Gesetz schützt die
LGBT-Gemeinde, indem es den Russen
signalisiert: Berührt diese Leute nicht,
der Staat kümmert sich darum. Dafür
gibt es Gesetze. Wie ich bereits sagte:
Dieses Gesetz wirkt deeskalierend, im
Prinzip bewahrt es die LGBT-Aktivisten
davor, verprügelt zu werden und ins
Krankenhaus transportiert zu werden.
Westliche Beobachter behaupten, dieses
Gesetz sei ein weiteres Zeichen dafür,
daß Rußland mehr und mehr zu einem
diktatorischen Staat werde…
Korovin: Das Gegenteil ist der Fall. Dieses
Gesetz ist der Ausdruck eines demokratischen
und liberalen Staates. Der
Homosexuellen-Gemeinde bleibt doch
gestattet, sich im eigenen sozialen Ghetto
zu isolieren. Aber sie bekommt eben
keinen Zugang mehr zu den öffentlichen
Kanälen. Sie darf ihre Propaganda,
die auf die Mehrheit der Bevölkerung
abzielt, nicht mehr verbreiten –
vor allem Jugendliche und Kinder, die
besonders anfällig für eine solche Indoktrination
sind, werden geschützt.
Würde beispielsweise in der Bundesrepublik
Deutschland jemand fordern,
Homosexuelle gehörten in einem „sozialen
Ghetto“ isoliert, käme ein Sturm
der Entrüstung von den etablierten Medien
und der Politik.
Korovin: Bei Ihnen ist das vielleicht so.
Bei uns entfernt dieses neue Gesetz auf
einen Schlag die ganze LGBT-Propaganda
aus der Öffentlichkeit. Es sollten
weitere Gesetze diskutiert werden,
die dieses „soziale Ghetto“ für diese
Leute defi nieren. Sie sollten aus der Gesellschaft
isoliert werden und dort ihre
Neigungen ausleben können. Das
schützt die Mehrheitsgesellschaft und
vor allem Jugendliche und Kinder. Im
übrigen wissen wir doch von den Klassikern
des westlichen Liberalismus: Die
eigene Freiheit endet dort, wo die Freiheit
des anderen beginnt. Auf die russische
Gesellschaft übertragen bedeutet
das: Die Freiheit der Lobby der sexuellen
Minderheiten endet dort, wo sie die
Freiheit der Mehrheitsgesellschaft verletzt.
Warum sehen Sie vor allem Jugendliche
und Kinder vom öffentlichen Auftreten
der Homosexuellen-Lobby bedroht?
Korovin: Die Bedrohung ist nicht etwa
die, daß die Russen sich davor fürchten,
daß ihre Kinder nun etwa plötzlich homosexuell
werden könnten. Es geht um
etwas anderes: Durch ihre aggressive
Propaganda will die LGBT-Lobby zu einer
Umwertung der Begriffe beitragen.
Sie will neue Standards beispielsweise
in der Frage der Menschenrechte setzen.
Sie will die Gesellschaft umbauen, ihren
Individualismus zur neuen sozialen
Norm erklären. Sie will erreichen, daß
die öffentliche Meinung in Rußland das
Verhalten der LGBT-Gemeinde künftig
„okay“ fi ndet. Und vor allem junge
Menschen und Kinder sind anfällig für
eine solche Propaganda, weil ihnen
noch eine klare Vorstellung zu Ethik
und Moral fehlt. Sie sind empfänglicher
für diese Propaganda der Umwertung
der Normen und Werte.
Aber beeinfl ussen Internet und Medien
nicht ohnehin schon vor allem die jungen
Leute – auch in Rußland?
Korovin: Natürlich. Von dort aus prasselt
ununterbrochen diese Propaganda
auf sie ein. Ständig wird dort die Abschaffung
von sozialen und ethischen
Normen vertreten. Man raubt den jungen
Menschen dadurch die Fähigkeit,
später soziale und ethische Kriterien
anlegen zu können. Und die LGBTLobby
ist hierbei besonders aggressiv.
Wie äußert sich diese Aggressivität?
Korovin: Der Lebensstil der LGBT-Gemeinde
wird als attraktiv präsentiert.
Den jungen Menschen wird erzählt:
„Wir Homosexuellen sind modisch und
erfolgreich!“ Und welcher junge
Mensch will nicht „modisch und erfolgreich“
sein – und dafür von anderen bewundert
werden. Die Lobby arbeitet
mit diesen einfachen Klischees, die sich
schnell festsetzen können. Das
Wunschresultat der Lobby ist, daß diese
Jugendlichen einmal ihre eigenen Kinder
in diesem Geist erziehen werden.
Dies würde aber die Integrität der russischen
Gesellschaft zerstören, ihr moralisches
Fundament zersetzen – bis sie
komplett unterwandert und ausgehöhlt
ist und ihre Fähigkeit, sich zu wehren,
völlig verloren hat.
Übertreiben Sie jetzt nicht ein wenig?
Korovin: Ganz und gar nicht. Der LGBTLobby
geht es doch um eine ideologische
Subversion. Sie versucht, sich überall
räumlich auszubreiten, sogar bis ins Militär.
Sie versucht, ihren Einfl uß auch in
die Bereiche der rus sischen Mehrheitsbevölkerung
auszuweiten – mit Hilfe ihrer
Propaganda. Schauen Sie doch nur in
die westlichen Länder, welche überdimensionale
Rolle diese Lobby dort
mittlerweile spielt. Für Rußland wollen
wir das verhindern. Denn auch für Rußland
und seine Gesellschaft bedeutete
dies eine Art „Volltreffer“, wir würden
unsere Wehrhaftigkeit verlieren, uns
würde der Zusammenbruch drohen. Wir
nehmen diese Bedrohung nicht auf die
leichte Schulter.
Westliche Journalisten und Politiker bezeichnen
die russische Gesetzgebung vor
allem deshalb als „diskriminierend“,
weil sich niemand aussuchen könne, ob
er hetero- oder homosexuell sei…
Korovin: Homosexuelle und Angehörige
anderer sexueller Minderheiten be-
haupten immer wieder, sie seien „so geboren“.
Aber wie wahr ist diese Aussage?
Tatsache ist doch, daß aus Sicht der Soziologie
und der Biologie man davon
ausgeht, daß sowohl Erbgut als auch
soziales Umfeld die Entwicklung einer
Persönlichkeit beeinfl ussen. Der soziale
Einfl uß kann eine Veranlagung entweder
unterdrücken oder fördern. Was
macht die LGBT-Lobby daraus? Sie
zieht eine übertriebene Aufmerksamkeit
auf ihre sexuelle Orientierung, mit
der sie – möglicherweise – geboren
wurden. Dem kann man gesellschaftlich
entgegenwirken, oder man kann es
fördern. Durch ihre Propaganda will sie
allerdings dazu beitragen, daß diese abnormen
sexuellen Orientierungen gesellschaftlich
nicht eingedämmt sondern
eben gefördert werden. Das Propagieren
des „stets modischen Homosexuellen“
gehört dazu. Im Westen hat
es funktioniert, wie wir sehen können.
Die russische Seite wirft dem Westen
vor, die LGBT-Lobby in Rußland zu fördern
und zu stärken. Warum sollte der
Westen ein Interesse daran haben?
Korovin: Ich will nochmal betonen, daß
nicht die bloße Existenz von Homosexuellen
und anderen sexuellen Minderheiten
eine Bedrohung für unsere
Gesellschaft ist. Diese Leute bedrohen
weder die staatliche Sicherheit noch unseren
Staat selbst. Aber westliche Strategen
sehen diese Leute in kalter Berechnung
als Instrument für die ideologische
und weltanschauliche Sabotage gegen
unseren Staat. Um die stabile, konservative
russische Gesellschaft in ihren
Grundsätzen zu erschüttern, fördern sie
solche destruktiven Lobbygruppen.
Jahrhundertealte Vorstellungen von
Ethik und Moral sollen so untergraben
werden, um Rußland zu schwächen.
Doch das Vorgehen dieser westlichen
Unterstützer ist zutiefst zynisch!
Warum ist das zynisch?
Korovin: Weil ihnen das Schicksal der
von ihnen aufgehetzten Leute letztendlich
egal ist. Die westlichen Strategen
kümmern sich nicht um die Homosexuellen,
die auf die Straße gehen.
Wenn diese dort angegriffen werden
und im Krankenhaus landen, beobachtet
der Westen das aus sicherer Entfernung.
Für die westliche Zivilisation sind
diese Opfer entbehrlich. Die russischen
LGBT-Aktivisten stellen in den Augen
der westlichen Förderer lediglich das
Fußvolk für den Angriff auf den Aufbau
der russischen Gesellschaft dar. Sie dienen
allein der Sabotage.
Das neue Gesetz richtet sich also auch
gegen die Einmischung von außen?
Korovin: Es ist ein Schutzmechanismus.
Je kleiner die sogenannten LGBTGruppen
sind, desto besser. Je weniger
Jugendliche sie beeinfl ussen können,
desto gesünder für unsere Gesellschaft.
Daher trifft das neue Gesetz genau diesen
Kern: Die sozialen Aktivitäten dieser
Gruppen werden verboten oder auf
ein Minimum beschränkt. Innerhalb
seiner Wohnung und im privaten Bereich
darf jeder machen, was er oder sie
will. Doch diese Freiheit endet an der
Wohnungstür. Aber innerhalb dieses
begrenzten Bereiches steht es ihnen
frei, das zu tun, wonach ihnen ist. Außerhalb
sind sie vor dem Gesetz verantwortlich.
Herr Korovin, vielen Dank für das Gespräch.

28. April 2013 at 02:13
Ein interessantes Interview. Ich gebe Herrn Korovin voll und ganz recht. Die russische Gesellschaft muss sich gegen zersetzenden Einfluss aus dem Westen schützen, der in sehr aggressiver Weise einzudringen versucht.