„Und wenn sie noch so hetzen, man sollte sich vernetzen!“
Aus „Junge Welt“ Nr. 172, vom 27. Juli 2023
Abschied vom Westen

Der Sahelstaat Mali will nicht mehr so, wie der Westen es will. Dafür wird das Land erneut bestraft. Am Montag griffen die USA auf eines ihrer beliebtesten Mittel zurück, um unbotmäßige Regierungen unter Druck zu setzen, und verhängten Sanktionen, wie am Dienstag auf der Internetseite Mali Actu berichtet wurde. Betroffen sind zunächst drei hochrangige Militärs: Verteidigungsminister Sadio Camara und zwei Kommandeure der malischen Luftwaffe, Alou Boi Diarra und Adama Bagayoko. Wie das US-Finanzministerium zur Begründung verkündete, gebe es »Beweise« dafür, dass die drei der russischen Söldnertruppe »Wagner« den Einsatz und die Ausweitung ihrer Aktivitäten in Mali »erleichtert« hätten. Folglich würden nun alle ihre Vermögenswerte in den USA eingefroren. Außerdem ist ihnen untersagt, Geschäfte mit US-amerikanischen Personen oder Unternehmen zu tätigen.
Malis Übergangsregierung reagierte auf die Strafmaßnahmen »scharf und schnell« und verurteilte die »Einmischung« der USA in ihre inneren Angelegenheiten, hieß es bei Mali Actu. Die Einmischung hat einen konkreten Anlass. Diesen Donnerstag steht in St. Petersburg ein zweiter Russland-Afrika-Gipfel bevor. An ihm will Mali mit einer 80köpfigen Delegation unter Leitung von Staatspräsident Assimi Goïta teilnehmen, wie TASS vergangene Woche mitteilte. Am Dienstag beschwerte sich allerdings der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow der Agentur Anadolu zufolge auf einer Pressekonferenz in Moskau, dass insbesondere die USA und Frankreich »beispiellosen Druck« auf afrikanische Länder ausübten, um deren Teilnahme an dem Gipfel zu verhindern. »Sie verweigern den afrikanischen Ländern das souveräne Recht, sich Partner für die Ausweitung der Zusammenarbeit und Interaktion in verschiedenen Bereichen sowie für die Erörterung dringender Fragen selbst auszuwählen«, sagte Peskow.
Tatsächlich ist die malische Regierung in Westafrika eine Vorreiterin darin, sich von der westlichen Hegemonie zu lösen und Russland anzunähern. Der Grund liegt auf der Hand: Die Interventionen Frankreichs und der UNO haben das Land dem Frieden kein Stück nähergebracht. Schon kurz nachdem Anfang 2013 französische Truppen in den Norden Malis einmarschiert waren, um einen Vorstoß diverser Al-Qaida-Kräfte zurückzuschlagen, geriet die frühere Kolonialmacht bei den Maliern in Verdacht, den Einsatz nur nutzen zu wollen, um sich erneut in ihrem Land festzusetzen. Als Russland 2015 der syrischen Regierung in Damaskus gegen den »Islamischen Staat« zu Hilfe eilte, wurde dies dagegen als Modell dafür angesehen, wie Dschihadisten effektiv bekämpft werden können. Vor diesem Hintergrund beschloss Bamako schließlich, alte Kontakte nach Russland wiederzubeleben, das dann 2021 »Wagner«-Truppen geschickt haben soll. Die Militärkontingente Frankreichs und der UNO wiederum wurden des Landes verwiesen. Während die französischen Soldaten schon abgezogen sind, läuft die Frist für die UN-Mission Ende des Jahres aus. Am Dienstag stellte die daran beteiligte Bundeswehr schon einmal ihre Drohnenflüge über Mali offiziell ein.
Zwar werden den »Wagner«-Truppen von westlicher Seite Kriegsverbrechen in Mali vorgeworfen. Doch Bamako scheint entschlossen, seinen Kurs weiterzuverfolgen. Ein Ausdruck davon ist die neue Verfassung, die im Juni in einem Referendum bestätigt wurde und am Sonnabend in Kraft trat. Demnach ist Französisch keine Amtssprache mehr. Wie der malische Parlamentarier Aliu Tunkara am Dienstag der Agentur Sputnik erklärte, plane Bamako nun, Französisch »schrittweise aus allen Lebensbereichen zu entfernen«, während 13 Landessprachen den Status einer Amtssprache erhielten. »Wir wollen uns vom französischen System lösen, wir wollen den Status unserer Sprachen wiederherstellen. Ja, Französisch bleibt eine Arbeitssprache, aber nur vorläufig. Wir haben ernsthafte Pläne, unsere eigenen Sprachen zu fördern«, sagte Tunkara unter Verweis auf die »erheblichen Anstrengungen«, die Überreste des französischen Kolonialismus zu beseitigen.
Dem ist nur hinzuzufügen:

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