Aus „Junge Welt“ vom 7. August 2023
Hollywood unter Druck
US-Streik: Treffen zwischen Gewerkschaft und Studios endet ohne Ergebnis Von Alex Favalli
In der US-Filmbranche zeichnet sich keine Entspannung ab. Am Freitag kamen in Los Angeles Vertreter der Alliance of Motion Picture and Television Producers (AMPTP) und der Writers Guild of America (WGA) zum ersten Mal seit Beginn des inzwischen seit drei Monaten andauernden Hollywood-Streiks für Verhandlungen zusammen. Doch auf das Angebot der Produktionskolosse reagierte die Gewerkschaft mit einer klaren Ablehnung, wie sie in einer Pressemitteilung am Wochenende mitteilte.
Konkret bot die Chefin der Produzentenvereinigung Carol Lombardini an, bei nur zwei der WGA-Forderungen einen Kompromiss zu suchen. Demnach wäre der Kapitalverband AMPTP bereit, über eine Erhöhung des Mindestlohns der Drehbuchautoren sowie über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu verhandeln. Weitere Anliegen wie der Erhalt der Büroräume der Autoren, regelmäßige Lohnzahlungen auf wöchentlicher Basis oder erfolgsabhängige Bonuszahlungen wurden entschlossen zurückgewiesen.
Aus einer internen E-Mail vom Wochenende an die Gewerkschaftsmitglieder geht hervor, dass WGA nun den Streik noch entschlossener fortführen wird: »Bislang haben die Unternehmen Monate mit der gleichen gescheiterten Strategie verschwendet. Sie haben immer wieder versucht, durch anonyme Zitate in den Medien, mit Panikmache, Gerüchten und Lügen, unsere Entschlossenheit zu schwächen.« Tatsächlich summierten sich in den vergangenen Wochen die Medienberichte, wonach der Streik keine Auswirkungen auf die Unterhaltungsindustrie hätte, weil die Streamingdienste angeblich über genügend Programm für die kommenden Monate verfügten.
Dass die Produktionen derzeit nur schwer vorankommen oder gar nicht stattfinden, wird in den besagten Texten nicht erwähnt. Doch allein die Bereitschaft von AMPTP, sich nach 90 Tagen Schweigen plötzlich an den Verhandlungstisch zu setzen, zeugt von der Effektivität des Streiks. In der E-Mail hieß es weiter: »Studiobosse behaupten, dass der Streik für die Unternehmen finanziell gut sei und dass sie froh seien, wenn er bis 2024 andauert, damit sie ihre Verluste abschreiben können. Dies ist eine kalkulierte Desinformation über die tatsächlichen Auswirkungen der Streiks. Wir haben die Produktion stillgelegt. Die gewerkschaftlich organisierten Autoren und Schauspieler sind in dieser Branche so unverzichtbar, dass die Unternehmen nicht einmal versuchen können, die Arbeit ohne uns zu machen.«
Angesichts des besorgniserregenden »Wendepunkts für den wichtigsten Industriezweig von Los Angeles«, der inzwischen auf die gesamte Wirtschaft Auswirkungen hat, meldete sich am Freitag auch Bürgermeisterin Karen Bass zu Wort: »Wir müssen auf diese Herausforderung reagieren und uns weiterentwickeln«, sagte sie. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass Los Angeles wieder auf den »richtigen Weg« komme, »und ich bin bereit, mich persönlich mit allen Beteiligten auf jede erdenkliche Weise zu engagieren, um dazu beizutragen, dass dies geschieht«.
Obwohl AMPTP zunehmend unter Druck steht, weist die Vereinigung jegliche Verantwortung für den aktuellen Streik zurück. In einer Mitteilung vom Donnerstag heißt es, die Rückkehr Tausender Menschen zur Arbeit sei ihr einziges Ziel.
Enthüllungen der Los Angeles Times vom Freitag zufolge spricht man in den privaten Konferenzräumen von Big Hollywood eine ganz andere Sprache: Führungskräfte der Unternehmen hätten demnach inoffiziell erklärt, dass die Gewerkschaft WGA ihre Forderungen nach einer Mindestbesetzung von Autorenzimmern und der Länge der Autorenverträge aufgeben müsse, um eine Einigung zu erzielen. Die Unternehmen wollen nicht, dass die Autoren diktieren, wie viele Personen für das Schreiben einer Fernsehsendung erforderlich sind, so eine Person, die den Verhandlungen nahesteht.
Während der Verhandlungen am Freitag versammelten sich Tausende Drehbuchautoren sowie Schauspieler, die derzeit parallel mit der Gewerkschaft SAG-AFTRA streiken, vor den Toren der Produktionsfirma NBC Universal. WGA gab sich dort kämpferisch und verkündete, dass man nicht die Absicht habe, diesen Streik einfach zu beenden. Der Ausstand der Autoren und Schauspieler dürfte also noch Monate andauern.
Die AiP meint:

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