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Aus „Junge Welt“ vom 13. September 2023

„Wir setzen auf Kämpfe einfacher Menschen“

Republik Korea: Progressive Partei will bei Parlamentswahlen 2024 das Zweiparteiensystem von links aufbrechen. Ein Gespräch mit Yoon Hee Sook

Interview: Henning von Stoltzenberg

In der Republik Korea hat am Wochenende Ihre Progressive Partei, koreanisch Jinbo, einen Parteitag abgehalten. Wie lief er ab?

Der Parteitag war ein politisches Fest, mit dem wir unser fortschrittliches Programm vorstellen und den Menschen Hoffnung auf eine neue Gesellschaft geben wollten. Erstmals 2009 von der Demokratischen Arbeiterpartei abgehalten, der Vorgängerin unserer Partei, wird die Tradition dieses ­Festes seither von uns fortgesetzt. Die Partei ist bestrebt, in der koreanischen Gesellschaft, die auf Besitzstandswahrung und Chaebols (kapitalistische Monopole südkoreanischer Prägung, jW) ausgerichtet ist, ein Land für Arbeiter und Bürger zu schaffen. Unsere fortschrittliche Politik ist eine treibende Kraft bei der Veränderung der koreanischen Gesellschaft.

Wie stark ist Ihre Partei parlamentarisch vertreten?

Die Progressive Partei stellt seit den letztjährigen Kommunalwahlen die drittgrößte Anzahl an lokalen Abgeordneten. Wir haben den Parteitag dahingehend vorbereitet, um uns als »alternative« Partei zu etablieren, die das Volk bei den allgemeinen Wahlen im nächsten Jahr wählen kann. Zum Programm des Parteitags gehörte die »große Strategiedebatte« zu den Parlamentswahlen, die »Debatte über die politische Agenda« mit den Themen Ungleichheit, Lebensunterhalt und Klima sowie das eigentliche »politische Fest«, bei dem die Kandidaten und alle Parteimitglieder ihre Entschlossenheit bekräftigten, die Parlamentswahlen 2024 zu gewinnen.

Wie wirkt sich das bis heute angespannte Verhältnis zum nördlichen Nachbarn, der Volksrepublik Korea, auf die politische Lage in Ihrem Land aus?

Die Beziehungen befinden sich auf dem Tiefpunkt. Die Regierung von Yun Suk Yeol zwingt dem südkoreanischen Volk ein militärisches Dreiecksbündnis mit den USA und Japan auf, ohne die Situation im Land zu berücksichtigen. Der Präsident untergräbt das nationale Interesse, indem er der Absicht der USA zustimmt, die koreanische Halbinsel als Basis für eine militärische Bedrohung Chinas zu nutzen, Japan Immunität für in der Vergangenheit in Südkorea begangene Kriegsverbrechen gewährt und die Freigabe des nuklearen Abwassers aus Fukushima unterstützt.

Können Sie kurz das koreanische Zweiparteiensystem erläutern?

Das derzeitige Wahlsystem erzwingt strukturell ein Zweiparteiensystem, behindert das Wachstum kleiner Parteien und macht es Randgruppen schwer, sich politisch Gehör zu verschaffen. Die beiden großen Parteien sind nicht in der Lage, etwas zu ändern, indem sie einfach die Rollen von Regierungs- und Oppositionsparteien tauschen. Im Jahr 2016 stürzte das Volk das Regime von Park Geun Hye, das die Macht privatisiert hatte, mit den Kerzenlichtdemonstrationen. Aber die Regierung, die daraus hervorging, scheiterte an Reformen, so dass die derzeitige Regierung Yoon Seok Yeol entstand.

Wir können nur dann ein neues Südkorea schaffen, wenn eine neue politische Kraft entsteht, die dieses Zweiparteiensystem aufbricht. Von den Parlamentswahlen im nächsten Jahr an wird die Progressive Partei als politische Kraft in Erscheinung treten, die die Grundrechte von Arbeitern und Bauern stärken sowie die öffentliche und staatliche Verantwortung für Wohnungsbau, Bildung, Gesundheitsversorgung und Pflege ausbauen kann. 

Wie wollen Sie die Wahlen gewinnen?

Im Gegensatz zu anderen Parteien konzentrieren wir uns auf das wahre Leben und die Kämpfe der einfachen Menschen. Unsere Mitglieder setzen sich an der Basis für kostenlose Verkehrsmittel, stärkere Wohnrechte und niedrigere Kreditzinsen ein. Insbesondere in den Bezirken mit eigenen Bürgermeister und Gemeinderäten werden wir zeigen, dass unsere Politik einen Unterschied macht. Die Progressive Partei wird sich an die Spitze der Arbeiter, Bauern, Armen, Jugendlichen und Frauen stellen und danach streben, Solidarität und eine fortschrittliche Politik zu verwirklichen. Wir werden unsere Vision einer egalitären, ökologischen, dezentralisierten und friedlichen koreanischen Gesellschaft präsentieren. Ein neues Korea beginnt mit einem Ende der Polarisierung und Ungleichheit: Vermögensungleichheit, Einkommensungleichheit und Chancenungleichheit müssen beseitigt werden.

Yoon Hee Sook ist die Generalbevollmächtigte der linken koreanischen Progressiven Partei


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