Im Rahmen der Rubrik „Bei Anderen gelesen“ möchten wir hiermit auf einen Artikel aufmerksam machen, welcher am 14. Juni 2023 in der jungen Welt (Nr. 136) erschienen ist.
Gegen US-Hegemonie
Iran baut wirtschaftliche Beziehungen zu Lateinamerika aus. Erste Station auf Reise des Präsidenten ist Venezuela
Von Jörg Kronauer
Fünf Tage, drei Länder. Irans Präsident Ebrahim Raisi hält sich seit Montag in Lateinamerika auf. Zunächst traf er in Venezuela ein, von wo er nach Kuba und Nicaragua weiterreist. Alle drei Länder, die von den USA mit Sanktionen bekämpft werden, teilen mit Teheran das Ziel, »Widerstand gegen Imperialismus und Unilateralismus zu leisten«, erklärte Raisi unmittelbar vor seiner Abreise: »Die Beziehungen zwischen der Islamischen Republik Iran und den unabhängigen Staaten in Lateinamerika sind strategisch.« Entsprechend wird Irans Präsident auf seiner Lateinamerikareise von einer hochrangigen Delegation begleitet, so beispielsweise von den Ministern für Äußeres, Erdöl, Verteidigung und Gesundheit.
Der Ausbau der Beziehungen zu Venezuela macht schon seit einiger Zeit einen Schwerpunkt der iranischen Lateinamerikapolitik aus. Iran hilft dem südamerikanischen Land, das die größten Erdölvorräte weltweit besitzt, seit 2020 systematisch auf dessen Ölsektor aus, der erheblich unter den US-Sanktionen leidet. Am 11. Juni 2022 unterzeichneten die Außenminister beider Länder am Rande eines Besuchs des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro in Teheran darüber hinaus einen auf 20 Jahre angelegten »Kooperationsfahrplan«, der helfen soll, die bilaterale Zusammenarbeit nicht nur auf dem Energiesektor, sondern auch im Handel sowie in den Bereichen Wissenschaft und Technologie auszubauen. Al-Dschasira zitierte damals den Politikwissenschaftler Hamed Musawi von der Universität Teheran mit der Äußerung, der Versuch, »Widerstand gegen die amerikanische Hegemonie« zu leisten, könne »erfolgreich sein«, sofern »größere Länder wie China und Russland sich daran beteiligen«.
An ihre Teheraner Absprachen vor ziemlich genau einem Jahr knüpften Maduro und Raisi bei ihrem Treffen am Montag in Caracas an. Unterzeichnet wurden diesmal fast 20 einzelne Vereinbarungen, darunter eine, die Stipendien für venezolanische Studenten vorsieht. Beide Staaten wollen ihr Handelsvolumen von zur Zeit drei auf zehn Milliarden US-Dollar steigern; Raisi nahm sogar ein Volumen von 20 Milliarden US-Dollar in den Blick, nannte allerdings keinen Zeitpunkt dafür. Maduro stufte Raisis Besuch als »neuen Meilenstein in unserer Beziehung« ein und erklärte: »Imperien und Hegemonien müssen ein Ende haben, und die Identität aller Regionen der Welt, aller Kulturen, aller Völker muss respektiert werden.« »In diesem Sinne« seien Iran und Venezuela »vereint«.
An ihre Teheraner Absprachen vor ziemlich genau einem Jahr knüpften Maduro und Raisi bei ihrem Treffen am Montag in Caracas an. Unterzeichnet wurden diesmal fast 20 einzelne Vereinbarungen, darunter eine, die Stipendien für venezolanische Studenten vorsieht. Beide Staaten wollen ihr Handelsvolumen von zur Zeit drei auf zehn Milliarden US-Dollar steigern; Raisi nahm sogar ein Volumen von 20 Milliarden US-Dollar in den Blick, nannte allerdings keinen Zeitpunkt dafür. Maduro stufte Raisis Besuch als »neuen Meilenstein in unserer Beziehung« ein und erklärte: »Imperien und Hegemonien müssen ein Ende haben, und die Identität aller Regionen der Welt, aller Kulturen, aller Völker muss respektiert werden.« »In diesem Sinne« seien Iran und Venezuela »vereint«.
Der Ausbau der Wirtschaftskooperation wird laut Berichten auch bei Raisis Besuchen in Kuba und in Nicaragua im Mittelpunkt stehen. Die kubanisch-iranischen Beziehungen hatten neuen Schwung gewonnen, nachdem Kuba im Sommer 2021 die Herstellung eines als sehr wirksam geltenden kubanischen Covid-19-Impfstoffs in Iran genehmigt hatte. Im Mai 2023 hielt sich eine kubanische Delegation in Teheran auf und unterzeichnete rund ein Dutzend Vereinbarungen über eine engere Zusammenarbeit unter anderem auf den Feldern der Biotechnologie, Gesundheit und Landwirtschaft. Anfang des Jahres wurde Berichten zufolge eine direkte Schiffsverbindung zwischen den beiden Ländern aufgenommen, um den Handel, der bislang eher schwach ist, zu intensivieren. In Nicaragua hatte zuletzt im Februar Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian Gespräche zur Stärkung des Handels geführt. Ob US-Berichte zutreffen, dass es damals auch um einen Ausbau militärischer Beziehungen ging, ist unklar.
Iran ist jedenfalls tatsächlich dabei, seinen militärischen Radius langsam, aber konsequent auszuweiten. Das zeigt sich auch in Lateinamerika: Ende Februar gestattete es die Regierung Brasiliens zwei iranischen Kriegsschiffen, für einige Tage in Rio de Janeiro anzulegen. Der Aufenthalt der Kriegsschiffe war Teil einer längeren Fahrt, mit der die iranische Marine zum ersten Mal vor den Küsten Lateinamerikas Präsenz zeigte. Im Juli 2021 hatte ein iranisches Kriegsschiff, auch dies ein Novum, Sankt Petersburg besucht; die beiden vor Rio ankernden Schiffe hatten zuvor den Pazifik gekreuzt. Nun plant Teheran die Entsendung einer Flottille in die Antarktis – auch zum Beleg dafür, dass es sich von den USA nicht einhegen lässt.
