Aus „Junge Welt“, vom 24. November 2023
Pjöngjang erobert Weltraum
DVRK startet Aufklärungssatelliten, Abkommen mit Seoul ausgesetzt
Von Jörg Tiedjen

Das Tauwetter auf der Koreanischen Halbinsel anlässlich der Winterolympiade 2018 ist seit langem vorbei. Am Donnerstag hat Pjöngjang nun auch ein damals mit Seoul abgeschlossenes Abkommen zum Abbau militärischer Spannungen komplett ausgesetzt, um neue Streitkräfte und modernste Technik im Grenzgebiet zu stationieren, wie AFP am gleichen Tag unter Berufung auf offizielle Quellen mitteilte. Seoul hatte schon am Vortag erklärt, entgegen der 2018 getroffenen Übereinkunft seine vorübergehend eingestellten Überwachungsmaßnahmen entlang der Demarkationslinie wiederaufzunehmen.
Anlass für die jüngste Eskalation ist, dass die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) am Dienstag erfolgreich ihren ersten Aufklärungssatelliten ins All brachte. Damit kam Pjöngjang einem entsprechenden Vorhaben Seouls zuvor, das laut der Reuters in gut einer Woche ebenfalls seinen ersten eigenen Spionagesatelliten an Bord einer Rakete des US-Konzerns Space X in eine Erdumlaufbahn befördern will. Am Mittwoch meldete die nordkoreanische Agentur KCNA, dass der eigene Satellit bereits Luftaufnahmen von US-Militärbasen im Pazifik geliefert habe, die von DVRK-Staatschef Kim Jong Un gesichtet worden seien. Es soll sich dabei um Bilder von der Andersen-Airbase auf der Insel Guam gehandelt haben, einem US-amerikanischen »Außengebiet«.
Die USA verurteilten Pjöngjangs Satellitenstart als Bruch von UN-Resolutionen und ließen zur weiteren Verstärkung ihrer Militärpräsenz am Mittwoch das atomgetriebene U-Boot USS »Santa Fe« in einen südkoreanischen Hafen einlaufen. Erst einen Tag zuvor war der Flugzeugträger USS »Carl Vinson« auf der Halbinsel eingetroffen. Bei einem Besuch dieses Schiffs kündigte der südkoreanische Verteidigungsminister Shin Won Sik gemeinsame Marineübungen mit den USA und Japan an. Die DVRK rechtfertigt ihr Rüstungsprogramm vor allem auf nuklearem Gebiet mit ständigen Provokationen Südkoreas und seiner Schutzmacht USA. Beijing erklärte zur jüngsten Entwicklung, alle Seiten müssten auf Frieden und Stabilität hinarbeiten.
Im Westen wird seit Dienstag gerätselt, ob eine Kooperation mit Russland zu Pjöngjangs erfolgreichem Raketenstart beigetragen haben könnte. Kim Jong Un hatte im September Russland besucht und dabei den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Weltraumbahnhof Wostotschny getroffen. Auch hatte er auf seiner Reise Militäreinrichtungen und Rüstungsfirmen besichtigt. Am Donnerstag behaupteten Südkorea, Japan und die USA in einer gemeinsamen Erklärung, dass Pjöngjang Moskau bereits mehrfach militärische Ausrüstung und Munition für den Krieg in der Ukraine geliefert habe. Das widerspreche einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats gegen die DVRK, die Moskau selbst mit verabschiedet habe. Washington, Seoul und ihre Verbündeten vermuten, dass Russland der DVRK im Gegenzug zu Munitions- und Waffenlieferungen mit Weltraumtechnik geholfen habe. Moskau und Pjöngjang streiten allerdings ab, militärisch zu kooperieren, und haben offiziell lediglich die Absicht erklärt, in Zukunft enger zusammenzuarbeiten.

18. Dezember 2023 at 14:26
Es gibt keine Alternative zur Demokratie.
23. Dezember 2023 at 16:36
Alternativlosigkeit geht meist mit Dogmatismus einher. Das lehnen wir ab.
Ebenso wie den moralischen Zeigefinger, der aus westlicher Arroganz und neokolonialem Sendungsbewusstsein die Welt mit der in unserer Hemisphäre vorherrschenden Gesellschaftsform (gemeinhin als Demokratie verstanden) zu beglücken versucht.
Ob in einer (spät)kapitalistischen Gesellschaft, die auf der unverhohlenen Ausbeutung des Menschen und seiner Umwelt fußt, eine echte Volksherrschaft möglich ist, oder ob sie nicht doch eher dazu dient das System zu legitimieren, die Klassenfrage zu verschleiern und die kapitalistische Ordnung durch „Alternativlosigkeit“ zu schützen … das ist einer der vielen spannenden Fragen, denen wir uns als AiP widmen.
Zu einem offenen Diskurs sind Sie gerne eingeladen.
23. Dezember 2023 at 17:05
Guten Tag.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Der Zeigefinger ist Hinweiser, Bestimmer und fieser In-die-Seite-Piekser. Auch als „moralischer Zeigefinger“ ist er berüchtigt. Menschen urteilen und richten über andere.
Ein Diskurs ist also eine „Beobachtung zweiter Ordnung“: Man beobachtet die Beobachtenden und analysiert, wie (mit welchen sprachlichen Mitteln) sie ihre Beobachtungen oder Beschreibungen anstellen.
Es mag wahr sein, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind (Wahrheit). Aber in den Diktaturen gilt es nicht.
„There is no alternative“: Die TINA-Rhetorik dient politischen Entscheidungsträgern zur Rechtfertigung und verhilft Parteien wie der AfD zu mehr Wählerstimmen. Doch die Demokratie braucht eine Kommunikation von Kompromissen und Zumutungen.
In einer neoimperialistischen Gesellschaft; in der des Zaren, die auf Angriffskriege und der Mithilfe seiner Kumpanen fußt, eine echte Neuordnung der welt möglich ist, oder ob sie nicht doch eher dazu dient das System zu legitimieren. Das sind die Fragen, die mich beschäftigen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Gamma