Die taz gefällt sich im Jargon westlicher Systemmedien, was die Berichterstattung zum 101. Geburtstag von Kim Il Sung zeigt. Wir zitieren hier daher diesen Erguss vollständig, denn er verdeutlicht recht klar den Zustand des deutschen „Linksjournalismus“…
JUBEL VON GANZ LINKS UND GANZ RECHTS
Kim und seine deutschen Freunde
VON MARINA MAI
Am Montag wäre Kim II Sung, der „ewige Führer“ Nordkoreas, 101 Jahre alt geworden. Auch Deutsche schicken Glückwünsche.
BERLIN taz | Torsten Schöwitz geht nicht an sein Telefon. Vielleicht weil der Erfurter ein wichtiger Mann ist. Ende März wurde er zum Vorsitzenden des deutschen Vorbereitungskomitees für den Tag der Sonne gewählt, glaubt man einer Nachrichtenagentur aus Asien.
Tag der Sonne? So heißt in Nordkorea der Geburtstag des „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung. Er ist am heutigen Montag. Und weil die Sonne von Pjöngjang aus in die Welt strahlen soll, soll der Tag auch in anderen Staaten gefeiert werden. Zumindest wird das in dem abgeschotteten stalinistischen Land erzählt. Damit die Bürger dort wissen, wie bedeutend ihr Großer Führer ist.
Das Komitee in Deutschland bereite „verschiedene politische und kulturelle Ereignisse vor, die die unsterblichen revolutionären Heldentaten Kim Il Sungs“ würdigen, heißt es bei der nordkoreanischen Agentur KCNA. Das scheint allerdings im Verborgenen zu geschehen, die taz fand keine Hinweise auf Veranstaltungen in Deutschland.
Auch im Parteibüro von Torsten Schöwitz in Berlin ist niemand zu sprechen. Schöwitz ist stellvertretender Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Laut Verfassungsschutz ist das eine Minipartei mit 150 Mitgliedern. Auf ihrer Website publiziert sie Ansprachen der nordkoreanischen Kims sowie ihre Gruß- und Kondolenzschreiben nach Pjöngjang. Zu einer Zeit, zu der laut Website Sprechstunde sein soll, ist die Tür zu. Am Telefon meldet sich nur der Anrufbeantworter.
Im KPD-Büro ist niemand zu sprechen An sein Telefon geht Jörg L. aus Hannover. Er gehört dem Zentralkomitee der KPD an und ist Vorsitzender des Hannover Arbeitskreises für Juche-Ideologie, die in Nordkorea propagiert wird. L. hat sie in seiner Parteizeitung Rote Fahne als den „leuchtenden Stern über Asien“ bezeichnet. Was ihn daran fasziniert? Da ist Jörg L. wenig auskunftsfreudig. „Am besten, Sie lesen die Bücher von Kim Il Sung und Kim Jong Il selbst. Sie sind die Fortsetzung des Marxismus-Leninismus. Die Texte sprechen für sich.“
Ihm war nur noch zu entlocken, dass es in Deutschland zwei Juche-Studienkreise gibt, seinen in Hannover und den von Schöwitz in Erfurt. Wie viele Mitglieder sich dort beim Studium der Werke der übermächtigen Kims treffen, darüber spreche er nicht so gern, sagt er.
Laut der nordkoreanischen Agentur KCNA wurde die Erfurter Studiengruppe im Juni 2012 gegründet mit Unterstützung von Bücherspenden aus Nordkorea, einem hungernden Land. Die Initialzündung zur Gründung der Studiengruppe habe es vor einem Jahr gegeben.
Die Agentur KCNA berichtet stolz von einem weiteren Glückwunschschreiben „aus Anlass des 101. Geburtstages des ewigen Präsidenten, Genossen Kim Il Sung“, also dem Tag der Sonne an diesem Montag aus Deutschland. „Wir sind der Überzeugung, dass Sie und die Koreanische Volksarmee das Vaterland zuverlässig gegen jede Bedrohung schützen, die durch den Einsatz US-amerikanischer atomwaffenfähiger B-52- und B-2A-Bomber sowie deren Kriegsübungen ausgelöst wurden“, steht da. Absender: Michael Koth von der „Antiimperialistischen Plattform“.
Der ehemalige Kommunist aus Westberlin hatte im Laufe der 1990er Jahre zur extremen Rechten gewechselt. Dort gründete er eine Gesellschaft zum Studium und zur Verbreitung der Juche-Ideologie. Gleichzeitig trat er auf Neonazikundgebungen auf und publizierte in Nazi-Postillen. 1998 wurde er gemeinsam mit sächsischen NPD-Politikern in der nordkoreanischen Botschaft in Berlin empfangen.
Der Spiegel zitierte damals den Leipziger NPDler Jürgen Schön, wonach die Nordkoreaner „national gesinnte Leute“ seien, die einen „berechtigten Kampf gegen den Imperialismus der Vereinigten Staaten von Amerika“ führten. Neben dem Antiamerikanismus haben deutsche Nazis und Juche weitere Schnittmengen: den extremen Nationalismus, den Führerkult und Elemente der Volksgemeinschaftstheorie.
27. April 2013 at 23:15
Hm, in der Schule erzählte man uns, dass sich Nazis und Linke hauen – dass sei nicht gut. Nun jubeln Nazis und Linke – dass ist nun auch nicht gut… Liebe Gut-Menschen: was wollt ihr eigentlich? Hm, wisst ihr selber nicht gelle? Ach, ja, stimmt: so schreiben, dass die Kohle stimmt – stimmt´s?
28. April 2013 at 16:00
Die deutsche Linke ist leider überwiegend verkommen.
2. September 2013 at 18:00
Weitere KCNA-Meldung zum Thema
31. August 2014 at 11:28
Schade, dass Michael Koth es nicht zum Vorsitzenden der KPD-Ost geschafft hatte. Der Artikel in Wikipedia das er rausgeschmissen wurde wegen „neostalinistische“ Äußerungen kann nicht stimmen. Steht natürlich auch drinnen, da die KPD selbst die Verleumdung Stalins abwehrt. Unter Herrn Koth wäre die KPD allerdings viel Erfolgreicher und er schließlich. Das Fehlprojekt „KDS“ musste nur scheitern, eine Querfront mit Neonazis ist unrealistisch, kurzgefasst: Neonazis sind nichts als das Anhängsel bzw. Werkzeug des Kapitals, der Beweis zeigt die Ukraine.
2. September 2014 at 22:15
Hallo, Michael hat sich von der KPD getrennt wegen grundsätzlichen Differenzen in der nationalen Frage, an der ja schon die DDR durch ihre Abhängigkeit von Moskau gescheitert ist. „Die Neonazis“ gibt es ebenso wenig wie „die Kommunisten“. Auf allen Seiten, so hat die Geschichte gezeigt, kann es nützliche Idioten, gute Leute aber auch Spinner, Sektierer oder Verbrecher geben. Insofern ist der KDS nicht Opfer idiotischer Kapital-Anhängsel-Neonazis geworden, sondern konnte zeitlebens keine Massenbasis entwickeln durch dogmatisierte Linke wie Rechte, sowie eigene organisatorische Probleme. Linke und Rechte, die sich lieber hinter auswendig gelernten Worthülsen verstecken, die keinen Bezug zu den gesellschaftlichen Realitäten von heute haben.